Kritisches Denken - Warum sich jedermensch damit auseinandersetzen sollte

Das Thema Kritisches Denken ist von grosser Bedeutung in der heutigen Zeit. Heute wird vieles als von grosser Bedeutung deklariert, ohne wirklich bedeutsam zu sein. In den nächsten Zeilen soll allerdings erläutert werden, warum Kritisches Denken zurecht als bedeutsam deklariert wird.

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Kritisches Denken im Schulunterricht

Im Rahmen des Deutschunterrichts haben wir uns am Gymnasium mit dem Kritischen Denken auseinandergesetzt. Dazu muss erst der Begriff Kritisches Denken definiert werden: Kritisches Denken ist eine metakognitive Fähigkeit zur Auswertung von Wahrheitsbehauptungen. Dabei geht es darum, logische Fehlschlüsse und kognitive Verzerrungen zu minimieren und zu einer sog. probabilistischen (wahrscheinlicher) Erkenntnis zu gelangen. (vgl. https://kritisch-denken.ch/themen/was-ist-kritisches-denken/ )

Kritisches Denken ist eine metakognitive Fähigkeit zur Auswertung von Wahrheitsbehauptungen.

Also fuhren wir damit fort, kognitive Verzerrungen und logische Fehlschlüsse zu entdecken und detektieren. Den sogenannten Ankereffekt, eine kognitive Verzerrung, konnten wir durch ein kleines, simples Experiment selbst ausprobieren. Beim Experiment werden die Teilnehmenden gefragt, wie alt Ghandi bei seinem Tod war. Dabei beantwortet die eine Hälfte die Frage, ob Ghandi älter als 44 Jahre war und wie alt genau. Die andere Hälfte beantwortet dieselbe Frage, ausser dass hier gefragt wird, ob Ghandi älter als 144 Jahre war. Das Ergebnis: Die Hälfte mit dem „Anker“ 44 Jahre schätzte Ghandi durchschnittlich 10 Jahre jünger bei seinem Tod, rein aufgrund der unterschiedlichen Anker. Als Abschluss des Blockes kognitive Verzerrungen und logische Fehlschlüsse haben wir einen Zeitungsartikel und die dazugehörenden Leserkommentare auf ebendiese logischen Fehlschlüsse und kognitiven Verzerrungen überprüft.

Von da gingen wir weiter und untersuchten die PLURV-Struktur (PLURV steht für Pseudoexperten, Logische Fehlschlüsse, Unerfüllbare Erwartungen, Rosinenpickerei und Verschwörungsmythen). Dies ist ein Modell, das aufzeigt wie irreführende Desinformationen in die Welt gesetzt werden. Dabei werden Inhalte selektiv ausgewählt, Logikfehler begangen und so weiter. Dabei entstehen dann Netze von Falschinformationen, in welche die Leute, die nicht kritisch denken, hineintappen. Darüber hinaus hatten wir Zeit, uns selbst Gedanken und Überlegungen zum kritischen Denken zu machen. Wie beeinflusst beispielsweise die heutige Wissensgesellschaft das kritische Denken?

Ein Mittelweg zwischen Dogma- und Skeptizismus

Die letzten Universalgelehrten starben vor 300 Jahren aus. Das liegt nicht daran, dass wir heute dümmer sind als früher, sondern dass das Wissen der Menschheit in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten sprunghaft gewachsen ist. Aus diesem Grund ist es heute einem Menschen schlicht nicht mehr möglich, in jedem Gebiet Experte zu sein. Aus diesem Grund müssen wir Experten vertrauen, dass sie uns mit wahrer Information versorgen. Das ist ein Aspekt, welcher das Kritische Denken zusätzlich erschwert. Kritisches Denken ist nämlich nicht, jeden und alles als unglaubwürdig zu betrachten. Dies wäre dann der Weg des Skeptizismus und hat genau so wenig mit Kritischem Denken zu tun wie der Dogmatismus (jedem und jeder alles zu glauben). Um kritisch zu denken, müssen wir also davon ausgehen, dass tatsächliche Experten uns die Wahrheit erzählen, ohne dabei in eine Lethargie zu verfallen und ihnen blindlings zu vertrauen. Hingegen sollten die Aussagen dieser Expertinnen kritisch hinterfragt werden. Das ist eine aufwändige Angelegenheit, welche viel Zeit erfordert.

Eine gemeinsame Wirklichkeit

Der Mensch steht momentan vor so noch nie dagewesenen Problemen. Ebendiese zu lösen, wird eine Herausforderung. Gleichzeitig leben wir in einer Zeit, die von gewissen Leuten bereits als postfaktisch bezeichnet wird. Der Begriff postfaktisch meint, dass wir in einer Welt leben, in der Fakten gegenüber Eindrücken, Emotionen und Halbwissen weniger wert sind. Als prominentes Beispiel der postfaktischen Zeit wird Donald Trump genannt. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, kritisch zu denken. Gemäss der obigen Definition des Kritischen Denkens wird versucht Fehlschlüsse zu vermeiden, nicht nur nach den einfachen Lösungen zu greifen und Dinge zu hinterfragen, um am Ende zu einer probabilistischen Erkenntnis zu gelangen. Würde nun Kritisches Denken von allen fehlerfrei angewandt werden, würden wir zwar nicht alle dieselbe (politische) Meinung haben -und das ist auch gut so! -, aber wir wären alle in der gleichen Wirklichkeit. Es herrschte beispielsweise Konsens, dass der Klimawandel existiert und welchen Beitrag der Mensch dazu leistet. Daraus könnten dann mögliche Lösungen und Massnahmen gegen den Klimawandel diskutiert werden.

Würde nun Kritisches Denken von allen fehlerfrei angewandt werden, würden wir zwar nicht alle dieselbe (politische) Meinung haben -und das ist auch gut so! -, aber wir wären alle in der gleichen Wirklichkeit.

Natürlich ist es utopisch, dass alle in allen Themen fehlerfrei kritisch denken. Rein ressourcentechnisch ist das nicht möglich, Kritisches Denken nimmt dazu zu viel Zeit in Anspruch. Jede Person, die Kritisches Denken selbst anzuwenden versucht, wird das bestätigen können. Was allerdings für jede Person, welche den Anspruch hat in der Politik mitdiskutieren zu wollen, machbar sein sollte, ist sich in den für sie wichtigsten Themen zu informieren und in diesen Themen kritisch zu denken. Und deshalb ist es wichtig, dass jede Person sich einmal mit Kritischem Denken auseinandersetzt.

Nun, der Mensch steht vor Problemen und wird hoffentlich tun, was er bisher immer getan hat: Sie lösen. Dazu wird wohl kaum ein Weg um das Kritische Denken herumführen. Deshalb ist es berechtigt, Kritisches Denken als bedeutsam zu deklarieren. Wer sich also bereits jetzt mit Kritischem Denken auseinandersetzt und sich die Mühe macht, es anzuwenden, ist seiner Zeit voraus und wird einen Beitrag zur Lösung grosser Probleme leisten können.